Die erste Entscheidung zu einer Domain-Adresse in Deutschland, die des LG Mannheim zur Domain "heidelberg.de"[18], stützte den Unterlassungsanspruch der Stadt Heidelberg gegen den Verwender des Domain-Namens auf § 12 BGB. Demnach kann auf Unterlassung klagen, wessen Namensrecht dadurch beeinträchtigt wird, daß ein anderer unberechtigt den gleichen Namen benutzt. Die Verwendung der Domain-Adresse sieht das Gericht als Gebrauch des Namens an. Dies ergebe sich schon daraus, daß der Domain-Name weltweit eindeutig sei und daß viele den Namen mit der Stadt in Verbindung bringen werden, da aus der Domain häufig auf die Person zurückgeschlossen werden könne, die sie unterhalte.[19]
§ 12 BGB würde für alle Fälle, in denen jemand eine
Domain-Adresse mit dem Namen eines anderen unterhält, eine Lösung
darstellen: Außer Städten hätten auch Firmen, Vereine und
Privatleute Unterlassungsansprüche gegen den Domain-Verwender. So wendete
das LG Frankfurt § 12 BGB in seiner Entscheidung zugunsten der Firma
d.a.s. Rechtsschutz an[20].
Dieser Lösungsansatz ist jedoch nicht ohne Kritik geblieben. So wendet
Gabel ein, Domain-Namen hätten zunächst im technischen Sinne
Beschreibungsfunktion, indem sie den am Internet teilnehmenden Computern eine
Unterscheidung der Gegenstellen ermögliche und seien nicht mit dem
Betreiber des Online-Dienstes verbunden. Es sei zwar auch möglich,
daß sich jemand durch die Internetadresse für die Benutzer erkennbar
von anderen Anbietern unterscheiden möchte, dies sei aber nur eine der
Funktionen von Domain-Namen. Eine direkte Anwendung von namensrechtlichen
Vorschriften sei daher problematisch.[21]
Ähnlich auch Kur[22], die allerdings ihre
Meinung für die Fälle, in denen die Internetadresse aus einem Namen
abgeleitet wird, relativiert[23]. Auch das LG
Köln sieht in der Verwendung eines Städtenamens als Domain-Adresse
keine Namensrechtsverletzung im Sinne des § 12 BGB. In der Verwendung
einer bestimmten Domain-Adresse sei kein Hinweis auf die Person des
Namensträgers zu sehen, vielmehr sei diese wie eine Telefonnummer oder
Postleitzahl frei wählbar und falle daher nicht unter das Namensrecht.[24]
Ich möchte hingegen dem Ansatz des LG Mannheim folgen, der mittlerweile
schon durch Urteile anderer Gerichte bestätigt wurde[25]. Es mag stimmen, daß die namentliche Kennzeichnung nur eine
Funktionen der Domain-Adressen ist, jedoch ist zu beachten, daß diese
Funktion ständig an Bedeutung gewinnt, während die technische
Zuordnung als Funktion der Domain-Namen an Bedeutung verliert. Die meisten
strittigen Domain-Namen sind "virtuelle", d.h. nur aus Werbezwecken
eingetragene Kunstgebilde, während die entsprechenden Computer in Wahrheit
einer anderen Domain, der des Internet-Providers, angehören.
Internet-Adressen werden auch außerhalb des Internet immer intensiver zu
Werbezwecken eingesetzt, ein Werbeplakat ohne Internetadresse gilt mittlerweile
als rückschrittlich. Da spielt es schon eine Rolle, ob die Adresse dem
Namen der Firma entspricht oder ob sie aus kryptischen Zeichenketten besteht,
die sich niemand merken kann. Vor allem aber läßt sich diese
Funktion nicht mit der von Telefonnummern oder gar Postleitzahlen vergleichen.
Somit ist die primäre Funktion der Domain-Namen mittlerweile eine
namensrechtliche, die Anwendung von § 12 BGB erscheint gerechtfertigt.
Damit ist § 12 BGB bei Verwendung eines Domain-Namens, der einem fremden
Namen entspricht, anwendbar. Fraglich bleibt, ob diese Vorschrift auch beim
"Domain Grabbing" Anwendung finden kann. Nach Ansicht des LG Frankfurt ist dies
der Fall, da das Namensrecht durch jedes Verhalten verletzt werden könne,
das dem Namensrecht widerspricht. Dies sei auch gegeben, wenn jemand den Namen
eines anderen als Domain eintragen läßt und diesen somit daran
hindert, sein Namensrecht auszuüben.[26]
Dieser Ansicht ist zu folgen, auch aus einem anderen Grund: Beim "Domain
Grabbing" geht es gerade darum, vom Inhaber des Namens Geld dafür zu
bekommen, daß er die seinem Namen entsprechende Domain-Adresse nutzen
darf. Selbst wenn man die Registrierung allein noch nicht als Verletzung des
Namensrechtes sehen will, spätestens hier müßte man einhaken
und die Forderung, für die Benutzung des eigenen Namens Geld zu bezahlen,
als Namensrechtsverletzung ansehen.
§ 12 BGB stellt also eine Generallösung für alle Fälle da,
in denen einen Unberechtigter den Namen eines anderen als Domain-Namen
eintragen läßt. Dieser, der eine Behörde, eine Firma, ein
Verein, aber auch einfach eine Privatperson sein kann[27], kann den Benutzer der Domain auf Unterlassung verklagen.
Weinknecht
möchte Firmen bei einem Domain-Namen, der ihrem Firmennamen entspricht,
neben § 12 BGB auch den Unterlassungsanspruch aus § 37 II HGB
gewähren[28]. Dafür wäre es notwendig, daß die Registrierung einer
Domain als Gebrauch einer Firma im Sinne des HGB (besser: Gebrauch eines
Firmennamens) anzusehen ist, was nach Weinknecht bei einer kommerziellen
Website gegeben sein soll. Diese Abgrenzung erscheint fragwürdig.
Außerdem kann § 37 II HGB auch aus einem anderen Grund keinen
Rechtsschutz gegen Domain-Namen bieten: Er entfaltet immer nur lokale
Bedeutung, da er auf den Einzugsbereich des jeweiligen Handelsregisters
beschränkt ist. Wenn es daher in Deutschland eine ganze Reihe von Firmen
geben kann, die den gleichen Namen tragen, ohne daß über § 37
II HBG dagegen vorgegangen werden könnte, so kann damit erst recht nicht
gegen die Benutzung eines Domain-Namens vorgegangen werden, denn diese ist
weltweit gültig und damit beileibe nicht auf den Einzugsbereich des
Registergerichts beschränkt. Auch aus der Tatsache, daß die Domain
auch im Einzugsbereich des Registergerichts aufgerufen werden kann,
ergeben sich keine Rechte, denn § 37 II bezieht sich auch nicht auf
Firmen, die bei einem Registergericht eingetragen sind, aber im anderen Bezirk
Handel treiben, in dem eine gleichnamige Firma besteht.
§ 37 II HGB scheidet damit als Anspruchsgrundlage aus.
Falls der Domain-Name einem eingetragenen oder durch Verkehrsgeltung geschützten Markennamen entspricht, kommt als Schutz dagegen auch der Unterlassungsanspruch aus §§ 14 II Nr. 2, 15 Markengesetz in Betracht. Nach § 15 V Markengesetz kann sich bei Verschulden auch ein Schadenersatzanspruch ergeben. Dies wird von Rechtsprechung und Literatur einhellig angenommen[29]. Demnach kann der Inhaber einer geschützten Marke jeden auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch nehmen, der das gleiche Zeichen im geschäftlichen Verkehr benutzt. Eine Verwechslungsgefahr durch eine gleichnamige Domain wird in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zu Fernschreibkennungen bejaht. Die Benutzung im Geschäftlichen Verkehr wird bei Domain-Namen zumindest dann angenommen, wenn der Benutzer eine Firma ist, denn bei Privatleuten könne nicht von geschäftlichem Verkehr gesprochen werden.[30]
Umstritten ist jedoch, ob die Anwendung der §§ 14 II Nr. 2, 15 MarkenG auf Domain-Namen Unlauterkeit voraussetzen. Bettinger und Kur kommen zu diesem Ergebnis über § 23 MarkenG, indem sie die Domain-Adresse als Anschrift im Sinne des § 23 Nr. 1 MarkenG klassifizieren[31]. Dies ist jedoch aus drei Gründen abzulehnen: Erstens erfolgt die Adressierung im Internet nicht über die Domain-Namen, sondern über die IP-Adresse, die Domain-Namen sind nur Hilfsmittel, um sich die Adressen besser merken zu können. Zweitens sind die Domain-Namen im Internet frei wählbar und nicht wie Anschriften an die geographische Lage gebunden.[32] Drittens sind die Anforderungen von § 23 MarkenG schon aus Gründen der Rechtssicherheit eng auszulegen, da sich sonst niemand auf den Schutz seiner Marke verlassen kann. Mit der "Anschrift" in § 23 MarkenG ist erkennbar die Adresse des Betreffenden gemeint und nicht die eines Computers im Internet.[33] Domain-Namen sind daher nicht als Anschriften anzusehen, womit § 23 Markengesetz nicht anwendbar ist. §§ 14 II Nr. 2, 15 MarkenG sind daher auch in Fällen anwendbar, in denen keine unlautere Verwendung des Markennamens vorliegt, also etwa in Fällen unabsichtlicher Kollision. Allerdings wird in diesen Fällen ein Schadenersatzanspruch aus § 15 V Markengesetz am erforderlichen Verschulden scheitern. Daß beim Antrag auf Eintragung einer Domain nicht sämtliche Markennamen überprüft wurden, wird man nicht bereits als fahrlässig ansehen können.
Fraglich ist ferner, ob es einer Benutzung der Domain bedarf oder ob sogenanntes "Domain Grabbing", die bloße Reservierung einer Domain-Adresse, um sie dem Markeninhaber zu verkaufen oder zu vermieten, ebenfalls unter § 14 II fällt. Dafür könnte die Diskussion relevant sein, ob auch nach der Reform des Markenrechtes an dem alten Erfordernis der zeichenmäßigen Benutzung festzuhalten ist. Ein Teil der Literatur tut dies und beruft sich darauf, daß sowohl Art. 5 Abs. 1 und 2 MarkenRL als auch Art. 9 Abs.1 GemeinschaftsmarkenVO die Benutzung eines Zeichens untersagen. Dagegen lehnt die wohl überwiegende Ansicht dieses Erfordernis mit Hinweis auf den Wortlaut der Norm und die Intention des Gesetzgebers, den Markenschutz offener zu gestalten, ab.[34]
Weinknecht steht auf Seiten der ersten Ansicht. Für ihn setzt der Tatbestand der Benutzung im Geschäftlichen Verkehr zeichenmäßige Benutzung voraus[35]. Das LG Düsseldorf sieht zwar ebenfalls zeichenmäßige Benutzung als erforderlich an, hat jedoch bei "Domain Grabbing" eine vorbeugende Unterlassungsklage ohne weiteres als begründet angesehen, da bei einem Handel mit Adressen mit einer Beeinträchtigung unmittelbar zu rechen sei (etwa wenn ein anderer die Domain erwirbt und benutzt)[36]. Bettinger läßt den Streit offen und hält ebenfalls eine vorbeugende Unterlassungsklage für denkbar[37].
Diese Ansätze bieten aber nur in ganz bestimmten Fällen
markenrechtlichen Schutz gegen "Domain Grabbing". Wenn jemand eine Domain zu
dem einzigen Zweck registrieren läßt, vom Markeninhaber
Lizenzgebühren zu kassieren, liegt keine zeichenmäßige
Benutzung vor. Die Gefahr einer unmittelbar bevorstehenden
Beeinträchtigung, die dennoch einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch
rechtfertigt, wird man nur dann annehmen können, wenn, wie im Fall des LG
Düsseldorf, auch an den Verkauf an Dritte gedacht ist.
Bleibt die Frage, ob sich an diesem Ergebnis etwas ändert, wenn man
zeichenmäßige Benutzung für nicht erforderlich hält[38]. Denn durch das bloße Registrieren
einer Domain liegt noch keine Verwechslungsgefahr vor, die
unerläßliche Voraussetzung für die Anwendung der §§
14 II Nr. 2, 15 Markengesetz ist. Zwar ist der Anwendungsbereich von §14
II Nr. 3 MarkenG weiter und umfaßt auch die unlautere Ausnutzung eines
Markennamens, allerdings ist dieses Vorschrift nur auf bekannte Marken
anwendbar[39]. Daher bleibt es in den meisten
Fällen tatsächlich markenrechtlich zulässig, von einem
Markeninhaber für die Ausübung seiner Rechte Geld zu verlangen. Ein
vorbeugender Unterlassungsanspruch ist nur bei Gefahr einer Benutzung der
Domain durch den Eingetragenen oder einen Dritten gegeben, ein unbefriedigendes
Ergebnis.[40]
Allerdings dürfte das Problem des "Domain Grabbing" sich von selbst
erledigen, wenn DE-Nic, wie seit dem 1. 2. 1997 Praxis, keine Reservierungen
mehr vornimmt und alte Reservierungen nicht mehr verlängert[41].
§§ 14 II Nr. 2, 15 Markengesetz bieten auch Unterlassungsansprüche, wenn durch die Verwendung einer der Marke ähnlichen Bezeichnung eine Verwechslungsgefahr mit dem Markennamen besteht. Nach dem Wortlaut der Vorschriften und der einschlägigen Rechtsprechung dazu müßte man also annehmen, daß auch ein Domain-Name, der sich von einer Marke nur um 1 oder 2 Zeichen unterscheidet, eine Verletzung des Markenrechts darstellt. Eine solche Auslegung würde jedoch mit der Realität im Internet kollidieren. Angesichts der Millionen Computer, die an das Internet angeschlossen sind und nur 24 Zeichen, die in der Adresse stehen können, würde ein Verstoß gegen das Markenrecht schon bei ähnlichen Domain-Namen die Anzahl der verfügbaren Namen so stark einschränken, daß man schon bald an technischen Grenzen angelangt wäre. Daher ist das Markenrecht an dieser Stelle bei Domain-Namen enger auszulegen, als dies in anderen Fällen geschieht.[42]Eine Markenrechtsverletzung ist nur anzunehmen, wenn eine gleichnamige Domain benutzt wird.
§§ 14 II Nr. 2, 15 MarkenG bieten damit Schutz gegen die Nutzung eines Domain-Namens, der einer geschützten Marke entspricht, durch einen Unberechtigten. Sie bieten über § 5 MarkenG auch Schutz für im Geschäftsverkehr gebräuchliche Firmennamen und -zeichen. Daraus ergibt sich nach § 15 IV,V MarkenG nicht nur ein Unterlassungs- sondern bei Verschulden auch ein Schadenersatzanspruch.
Aus
der Generalklausel aus §1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb
lesen einige Autoren Ansprüche gegen Benutzer von Domain-Namen ohne
entsprechende Berechtigung. Bettinger möchte diesen Anspruch generell
zugestehen, wenn eine Berechtigung fehlt und es sich um eine bekannte Marke
oder einen Firmennamen handelt, denn solches Verhalten sei als unlauter
einzustufen[43]
Dagegen spricht jedoch die Anforderung, daß es sich um sittenwidriges
Handeln handeln muß. An ein solches Verhalten sind engere Voraussetzungen
zu knüpfen als bloße die Benutzung einer Domain. Mit Weinknecht ist
daher davon auszugehen, daß zur reinen Benutzung noch weitere
Umstände hinzutreten müssen. Davon kann etwa beim Abschöpfen von
Kunden durch den fremden Domain-Namen, beim Ausnutzen fremder Machtstellungen
(Beantragung einer Domain zur kostenpflichtigen Vergabe von Subdomains) oder
bei Rufausbeutung (Benutzung eines "großen Namens", um sich selbst einen
zu machen) die Rede sein.[44]
Auf das "Domain Grabbing" ist § 1 UWG in den meisten Fällen nicht
anwendbar, weil es an einem Wettbewerbsverhältnis fehlt[45]. Allerdings wird man ein Wettbewerbsverhältnis dann annehmen
müssen, wenn dem Berechtigten angedroht wird, den Domain-Namen bei
Nichtzahlung an Dritte zu verkaufen. Dadurch tritt der "Domain Grabber" in
Sachen Verwertung des Domain Namens in Konkurrenz zum Berechtigten.[46]
Somit ist die Generalklausel des § 1 UWG nur in bestimmten Fällen
anwendbar, wenn der Benutzer sich mit dem fremden Domain-Namen einen unlauteren
Wettbewerbsvorteil verschafft.
Eine
generellere Lösung für solche Fälle vorsätzlicher
Unfairneß bieten die §§ 823, 826 BGB. Läßt jemand
eine Domain-Adresse bewußt registrieren, um dem Inhaber des Namens- oder
Markenrecht die Domain vorzuenthalten (etwa um sich einen Wettbewerbsvorteil zu
verschaffen, aber auch, um Geld zu "erpressen"), so kann dies einen
rechtswidrigen Eingriff in die Gewerbliche Tätigkeit, die als "sonstiges
Recht" des § 823 I BGB geschützt ist, bedeuten. Findet diese Handlung
in der Absicht statt, den anderen bewußt zu schädigen, so wäre
außerdem eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung nach §
826 BGB gegeben.[47]
Dies wäre eine Lösung der Fälle, in denen Marken- oder
Firmennamen als Domains eingetragen werden, um Geld von der Firma zu
"erpressen" oder um die Firma schlicht zu ärgern (siehe die Fälle "Mc
Donalds" und "MTV" im 2. Kapitel).
§§ 823 I, 826 BGB bieten also einen Schutz gegen bewußte
Ausnutzung eines Domain-Namens zum Schaden eines anderen. Daraus ergeben sich
Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche.
Ein
bisher von der deutschen Rechtsprechung noch nicht behandeltes Problem ist die
Frage eines Rechtsschutzes, wenn sich der Domainbenutzer seinerseits auf ein
Namens- oder Kennzeichenrecht berufen kann.
Im Bereich des Markenrechts erscheint es naheliegend, auf § 23
Markengesetz zurückzugreifen, wonach die Benutzung des eigenen Namens oder
der eigenen Adresse keine Markenrechte verletzt, solange sie nicht gegen die
guten Sitten verstößt. Bettinger und Kur möchten § 23
Markengesetz generell anwenden, indem sie die Domain-Adresse als Anschrift im
Sinne des § 23 Nr. 1 MarkenG klassifizieren[48]. Dies ist jedoch wie oben abzulehnen. § 23 Nr. 1 MarkenG kommt jedoch
in Betracht, wenn eine Privatperson einen Namen trägt, der einem
Markennamen entspricht. So könnte etwa die Firma Müller Milch einem
Herrn Müller nicht verbieten, eine Domain "mueller.de" zu benutzen.
Gleiches würde bei einem gleichlautenden Firmen- Vereins- oder
Städtenamen gelten.
Im Bereich des allgemeinen Namensrechts ist die Lage klar: § 12 BGB gibt
nur Unterlassungsansprüche gegen unbefugte Benutzung eines Namens.
Hat der Benutzer der Domain dagegen selbst Rechte an dem Namen, so ergeben sich
keine Unterlassungsansprüche. In diesen Fällen gilt also
tatsächlich weiter das Prinzip "wer zuerst kommt, mahlt zuerst".
Zu dieser Problematik hat es bereits erste Gerichtsurteile gegeben, etwa eine einstweilige Verfügung[49](leider ohne Begründung) und eine Entscheidung[50] mit Revisionsurteil[51].
Möglicherweise
könnten sich aus der analogen Anwendung von § 8 II Nr. 1,2 MarkenG
ein Unterlassungsanspruch von Konkurrenten gegen eine Firma ergeben, die die
Berufsbezeichnung oder einen ähnlichen Gattungsbegriff als Domain-Name
benutzt. Nach § 8 II Nr. 1,2 MarkenG kann ein Begriff nicht als Marke
eingetragen werden, wenn er freihaltebedürftig erscheint, weil ihm jede
Unterscheidungskraft fehlt oder weil er als beschreibende Angabe für Waren
und Dienstleistungen gebraucht wird.
Nach Ansicht von Weinknecht sind die Voraussetzungen einer Analogie gegeben, da
§ 8 II MarkenG die Entstehung rechtlicher Monopole an einem
Gattungsbegriff verhindern wolle. Durch die Eintragung eines Domain-Namens
entstehe ein tatsächliches und indirekt auch ein rechtliches Monopol, da
beim Ausweichen auf ähnliche Domains mit einer Klage wegen
Verwechslungsgefahr zu rechnen sei.[52]
Auch Kur sieht eine ähnliche Ausgangslage wie bei § 8 II MarkenG,
die durch die kanalisierende Wirkung, die generische Domains haben können,
noch verstärkt werde[53].
Dagegen lehnt das OLG Frankfurt eine Analogie ab. Zwar entstehe durch die
Eintragung ein tatsächliches Monopol, nicht jedoch ein rechtliches, da es
ohne weiteres möglich sei, einen anderen Domain-Namen zu wählen, der
sich nur unwesentlich unterscheidet. Außerdem setzten § 8 MarkenG
und seine Rechtsfolgen eine staatliche Institution wie das Patentamt voraus,
die die erforderlichen Prüfungen vornehmen kann.[54]
Bettinger unterstützt diese Ansicht. Die Eintragung einer Domain-Adresse monopolisiere nicht ein Kennzeichen an sich, sondern eben nur die Domain-Adresse selbst. Von daher sei schon die Wirkung einer Eintragung als Domain nicht mit einer Eintragung als Marke nicht zu vergleichen.[55]
Letztere Ansicht vermag zu überzeugen. Zwar ist es richtig und wird von
niemand bestritten, daß die Eintragung einer Domain ein
tatsächliches Monopol erzeugt, da niemand weltweit mehr die gleiche
Adresse benutzen kann. Die Argumentation Weinknechts überzeugt hingegen
nicht. Denn die Erfolgsaussichten einer Klage gegen einen ähnlichen
Domain-Namen wären doch sehr zweifelhaft. Freihaltebedürftige
Bezeichnungen können nicht als Marke eingetragen werden, so daß ein
Schutz aus Markenrecht hier nicht in Frage käme. Und eine
selbständige Schutzfähigkeit von Domain-Namen wird zwar diskutiert,
ist jedoch auf der Grundlage der BGH-Rechtsprechung zu Telegrammkennungen
für Gattungsbegriffe generell abzulehnen[56]. Auch erscheint es aufgrund der viel umfassenderen Wirkung der Eintragung
einer Marke nicht gerechtfertigt, sie mit der Domain-Eintragung auf eine Stufe
zu stellen: Ist eine Marke eingetragen, so entfaltet sie Schutzwirkung gegen
jedermann und überall, darunter auch das Internet. Dagegen wirkt sich die
Eintragung einer Domain nur auf das Internet aus. Niemand ist deshalb
gehindert, die Bezeichnung außerhalb des "Cyberspace" zu benutzen.
§ 8 II Nr. 1,2 MarkenG kommt daher als Schutz gegen die Eintragung
generischer Domain-Namen nicht in Betracht.
Die
Benutzung von Gattungsbegriffen als Domain-Namen könnte jedoch
wettbewerbswidrig sein und gegen die Generalklausel des § 1 UWG
verstoßen. Dabei wird die Ansicht von Kur, daß es sich dabei
entweder um die Verschaffung eines Vorsprungs durch Rechtsbruch oder um eine
Wettbewerbsverzerrung durch Kanalisierung handeln muß[57], von allen Autoren und von der Rechtsprechung
anerkannt.
Das OLG Frankfurt hat die Anwendung von § 1 UWG abgelehnt. Ein Vorsprung
durch Rechtsbruch liege nicht vor, da die Eintragung eines generischen
Domain-Namens nicht gegen ein Verbot verstoße. Eine Kanalisierungswirkung
könne nicht eindeutig festgestellt werden und sei auch nicht in allen
Fällen vorhanden.[58]
Gerade die Begründung im letzten Punkt wird von Weinknecht als schwach
angegriffen. Er ist der Ansicht, von einer Kanalisierungswirkung beschreibender
Adressen im unübersichtlichen Internet sei auszugehen. Bei Domain-Namen,
die nur dazu dienten, der Konkurrenz durch den Branchennamen Kunden abzufangen,
sei daher Wettbewerbswidrigkeit per se gegeben.[59]
Die Kritik Weinknechts ist berechtigt. Schon die Tatsache, daß über
solche generischen Domain-Namen gestritten wird, zeigt, daß die nicht
fernliegende Befürchtung besteht, solche Adressen könnten
Benutzerströme leiten. Diese Befürchtung ist berechtigt. Zur
gewachsenen Struktur des Internet gehören Domains, die die Richtung des
Internetangebotes angeben. Insbesondere im deutschen Forschungsnetz, dem ersten
Teilbereich des Internet in Deutschland, war und ist es üblich, daß
die Domain etwas über die "Branche" des Anbieters aussagt. So haben alle
Universitäten das Kürzel "uni" im Domain-Namen, alle Fachhochschulen
"fh". Diese überkommene Struktur prägt natürlich auch in Zeiten
das kommerzialisierten Internet manchen Benutzer. Ein weiterer Aspekt, der
nicht von der Hand zu weisen ist, ist die Frage, wie leicht man sich einen
Domain-Namen merken kann. Die Adresse "www.anwalt.de" wird zweifellos leichter
zu merken sein als "www.anwaelte-mueller-schulze-partner.de". Dadurch,
daß www.anwalt.de nur einmal vergeben werden kann, sind aber alle
anderen Kanzleien im Wettbewerb benachteiligt. Allein dies sollte schon
genügen, um einen Verstoß gegen § 1 UWG zu begründen, wenn
bewußt in der Absicht gehandelt wird, sich einen Wettbewerbsvorteil zu
verschaffen.
Es ist daher nach § 1 UWG als wettbewerbswidrig anzusehen, wenn eine
Branchenbezeichnung als Domain-Name benutzt wird.
Läßt
ein Unberechtigter einen Domain-Namen eintragen, der einem anderen zusteht, so
stehen dem Berechtigten, wie wir gesehen haben, regelmäßig
Unterlassungsansprüche zu, in bestimmten Fällen auch
Schadenersatzansprüche. Daß dafür der Benutzer / Eingetragene
der Domain haftet, ist unbestritten. Bleibt die Frage, ob und wenn ja wie weit
auch die Institution, die die Eintragungen vornimmt, für solche
Ansprüche haftet.
Nach Ansicht von Weinknecht haftet auch DE-Nic in vollem Umfang neben dem
Benutzer der Domain, also auch auf Schadenersatz. Er begründet dies aus
der Monopolstellung von DE-Nic und aus der Vergleichbarkeit mit der Eintragung
von Markennamen. Daraus ergebe sich eine dem Patentrecht vergleichbare
Prüfungspflicht für alle Einträge. Werde diese Pflicht nicht
ausreichend wahrgenommen, so hafte DE-Nic für daraus entstandene
Schäden.[60
]
Dagegen geht das LG Mannheim davon aus, daß gerade die Tatsache,
daß DE-Nic keine Prüfungen vornimmt, eher gegen eine Verantwortung
spricht. Insbesondere aber beruhe die Rechtsverletzung unabhängig vom
Handeln des DE-Nic auf dem Verhalten des Domainbenutzers.[61]
Im Ergebnis ist dem LG Mannheim zu folgen. Eine Entscheidung über die
Verantwortung von DE-Nic wird man aber nur treffen können, wenn man sich
die rechtliche Grundlage der Domainvergabe vergegenwärtigt. DE-Nic ist
eine von den deutschen Internet-Providern geschaffene Zentralstelle für
die Vergabe von Internet-Adressen. Dabei geht es allein um die Frage eines
zentralen Nameservice, der verhindern soll, daß Domain-Namen mehrfach
vergeben werden, was zu technischen Problemen führen würde.[62] DE-Nic ist also rechtlich gesehen eine
Schlichtungsstelle, auf die sich die deutschen Internet-Provider zu Vermeidung
von Namenskonflikten vertraglich geeinigt haben. DE-Nic ist auch nicht dazu
gedacht, Namensrechte zu vergeben. Vergeben werden lediglich die
technischen Domain-Namen zur Unterscheidung im Internet, aber keine
darüber hinausgehenden Rechte.[63] In
sofern erscheint die Gleichsetzung mit der Eintragung von Markennamen durch das
Patentamt weit hergeholt. DE-Nic ist erstens keine staatliche Stelle und seine
Handlungen, das Eintragen der Domains, entfalten auch keine gesetzlich
bestimmten Rechtswirkungen, da es Regelungen über den rechtlichen Status
der Domain-Namen nicht gibt. Zwar ist es möglich, daß ein
eingetragener Domain-Name durch Benutzung in der Werbung und dadurch
resultierende allgemeine Bekanntheit Verkehrsgeltung erlangt und dadurch auch
außerhalb des Internet markenrechtlichen Schutz erlangt[64], jedoch ginge dieser Schutz dann ebenfalls nicht unmittelbar auf die
Eintragung durch DE-Nic zurück. Zweitens ist DE-Nic aufgrund seiner
Ausstattung schon rein faktisch nicht in der Lage, eine dem Patentamt
vergleichbare Prüfung durchzuführen. Es wäre auch nicht
zumutbar, den Providern de lege ferenda die Einrichtung einer entsprechenden
Stelle aufzubürden. Vielmehr müßte der Gesetzgeber, wenn er
eine solche Prüfung fordern würde, eine entsprechende Behörde
einrichten. Es spricht jedoch wenig dafür, dies zu tun, denn eine
monatelange Prüfprozedur für jeden Domain-Namen wäre ein
innovationsvernichtender Hemmschuh für das Internet. Drittens, insofern
ist dem LG Mannheim beizupflichten, gehen die Beeinträchtigungen der
Rechte eines Dritten nicht von der Eintragung, sondern von der Benutzung oder
Blockierung der Adresse durch den Eingetragenen aus. Solange DE-Nic einer
Bereinigung von Konflikten nicht im Wege steht, spricht nichts für eine
unmittelbare Inanspruchnahme von DE-Nic.
Somit ist eine Haftung von DE-Nic für Rechtsverletzungen durch
Domain-Namen abzulehnen.
[18] LG Mannheim, http://www.inet.de/denic/hd.html (heidelberg.de)
[19] LG Mannheim, http://www.inet.de/denic/hd.html (heidelberg.de)
[20] LG Frankfurt, http://www.inet.de/denic/das.html (das.de)
[21] Detlev Gabel, "Internet: Die Domain Namen", NJW-CoR 1996, S. 324
[22] Annette Kur, "Internet Domain Names", CR
1996, S. 327
[23] Annette Kur, "Namens- und
Kennzeichenschutz im Cyberspace", CR 1996, S. 591
[24] So das LG Köln in ständiger Rechtsprechung: http://www.inet.de/denic/huerth.html (huerth.de); http://www.inet.de/denic/kerpen.html (kerpen.de); http://www.inet.de/denic/pulheim.html (pulheim.de)
[25] LG Braunschweig, http://www.inet.de/denic/bs.html (braunschweig.de); LG Lüneburg, http://www.inet.de/denic/celle.html (celle.de);
[26] LG Frankfurt, http://www.inet.de/denic/das.html (das.de)
[27] die Anwendbarkeit auf juristische Personen ist unbestritten, siehe
MK-Schwerdtner, § 12 RN 21 ff
[28] Jürgen Weinknecht, "Schutz von Domaines - Recht des Firmennamens", http://www.weinknecht.de/dom_firm.htm
[29] Annette Kur, "Internet Domain names", CR 1996, S. 327; Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html; LG Düsseldorf, http://www.inet.de/denic/epson.html (epson.de); LG Köln, http://www.weinknecht.de/netlaw.htm#LGKoeln (toyota.de)
[30] Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html;
[31] TTorsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html B I 1 b); Annette Kur, "Internet Domain names", CR 1996, S. 328
[32] ebenso: LG Düsseldorf, http://www.inet.de/denic/epson.html (epson.de)
[33] Holger Stratmann, "Internet Domain Names oder der Schutz von Namen,
Firmenbezeichnungen und Marken gegen die Benutzung durch Dritte im Internet",
BB 1997, S. 692
[34] siehe Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html; mit weiteren Nachweisen
[35] Jürgen Weinknecht, "Schutz von Domaines & Markenrecht", http://www.weinknecht.de/dom_mark.htm
[36] LG Düsseldorf, http://www.inet.de/denic/epson.html (epson.de)
[37] Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html; Fußnote 74
[38] so etwa Annette Kur, "Namens- und Kennzeichenschutz im Cyberspace", CR
1996, S. 592
[39] Annette Kur, "Namens- und
Kennzeichenschutz im Cyberspace", CR 1996, S. 593
[40] ebenso Annette Kur, "Namens- und
Kennzeichenschutz im Cyberspace", CR 1996, S. 593
[41] Beschluß des IV DENIC, http://www.nic.de/beschluss.html
[42] Ebenso: Annette Kur, "Namens- und Kennzeichenschutz im Cyberspace", CR 1996, S. 593; Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html; B I 5
[43] Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html;
[44] Jürgen Weinknecht, "Schutz von
Domaines - Unlauterer Wettbewerb", http://www.weinknecht.de/dom_uwg.htm
[45] Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html;
[46] ebenso: LG Düsseldorf, http://www.inet.de/denic/epson.html (epson.de)
[47] ebenso: Gräfe, Markenartikel 1996, S. 100; Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html B I 4
[48] Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html B I 1 b), siehe oben.
[49] LG Köln, http://www.inet.de/denic/karriere.html (karriere.de)
[50] LG Frankfurt, Az. 2/6 O 624/96
[51] OLG Frankfurt,
http://www.weinknecht.de/olgffm.htm (wirtschaft-online.de)
[52] Jürgen Weinknecht, Anmerkung zur
Entscheidung des OLG Frankfurt, http://www.weinknecht.de/olgffm.htm
[53] Annette Kur, "Internet Domain names", CR
1996, S. 328f
[54] OLG Frankfurt,
http://www.weinknecht.de/olgffm.htm"> (wirtschaft-online.de)
[55] Torsten Bettinger, Anmerkung zur Entscheidung des OLG Frankfurt, http://www.inet.de/denic/anmerk.html
[56] Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html B IV
[57] Annette Kur, "Internet Domain names", CR 1996, S. 330
[58] OLG Frankfurt,
http://www.weinknecht.de/olgffm.htm (wirtschaft-online.de)
[59] Jürgen Weinknecht, Anmerkung zur
Entscheidung des OLG Frankfurt, http://www.weinknecht.de/olgffm.htm
[60] Jürgen Weinknecht, "Konsequenzen
für DE-NIC", http://www.weinknecht.de/domain.htm
[61] LG Mannheim, http://www.inet.de/denic/hd.html (heidelberg.de)
[62] vgl. DE-Nic Kurzinfo, http://www.nic.de/faq.html
[63] vgl. die Stellungnahme zu Namensrechten
bei DE-Domainnamen, http://www.inet.de/denic/rechte.html
[64] vgl. Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html B IV