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3. Lösungsansätze in Deutschland


3.1. Kollision mit Namens- und Kennzeichenrechten anderer

3.1.1. § 12 BGB

Die erste Entscheidung zu einer Domain-Adresse in Deutschland, die des LG Mannheim zur Domain "heidelberg.de"[18], stützte den Unterlassungsanspruch der Stadt Heidelberg gegen den Verwender des Domain-Namens auf § 12 BGB. Demnach kann auf Unterlassung klagen, wessen Namensrecht dadurch beeinträchtigt wird, daß ein anderer unberechtigt den gleichen Namen benutzt. Die Verwendung der Domain-Adresse sieht das Gericht als Gebrauch des Namens an. Dies ergebe sich schon daraus, daß der Domain-Name weltweit eindeutig sei und daß viele den Namen mit der Stadt in Verbindung bringen werden, da aus der Domain häufig auf die Person zurückgeschlossen werden könne, die sie unterhalte.[19]

§ 12 BGB würde für alle Fälle, in denen jemand eine Domain-Adresse mit dem Namen eines anderen unterhält, eine Lösung darstellen: Außer Städten hätten auch Firmen, Vereine und Privatleute Unterlassungsansprüche gegen den Domain-Verwender. So wendete das LG Frankfurt § 12 BGB in seiner Entscheidung zugunsten der Firma d.a.s. Rechtsschutz an[20].
Dieser Lösungsansatz ist jedoch nicht ohne Kritik geblieben. So wendet Gabel ein, Domain-Namen hätten zunächst im technischen Sinne Beschreibungsfunktion, indem sie den am Internet teilnehmenden Computern eine Unterscheidung der Gegenstellen ermögliche und seien nicht mit dem Betreiber des Online-Dienstes verbunden. Es sei zwar auch möglich, daß sich jemand durch die Internetadresse für die Benutzer erkennbar von anderen Anbietern unterscheiden möchte, dies sei aber nur eine der Funktionen von Domain-Namen. Eine direkte Anwendung von namensrechtlichen Vorschriften sei daher problematisch.[21] Ähnlich auch Kur[22], die allerdings ihre Meinung für die Fälle, in denen die Internetadresse aus einem Namen abgeleitet wird, relativiert[23]. Auch das LG Köln sieht in der Verwendung eines Städtenamens als Domain-Adresse keine Namensrechtsverletzung im Sinne des § 12 BGB. In der Verwendung einer bestimmten Domain-Adresse sei kein Hinweis auf die Person des Namensträgers zu sehen, vielmehr sei diese wie eine Telefonnummer oder Postleitzahl frei wählbar und falle daher nicht unter das Namensrecht.[24]

Ich möchte hingegen dem Ansatz des LG Mannheim folgen, der mittlerweile schon durch Urteile anderer Gerichte bestätigt wurde[25]. Es mag stimmen, daß die namentliche Kennzeichnung nur eine Funktionen der Domain-Adressen ist, jedoch ist zu beachten, daß diese Funktion ständig an Bedeutung gewinnt, während die technische Zuordnung als Funktion der Domain-Namen an Bedeutung verliert. Die meisten strittigen Domain-Namen sind "virtuelle", d.h. nur aus Werbezwecken eingetragene Kunstgebilde, während die entsprechenden Computer in Wahrheit einer anderen Domain, der des Internet-Providers, angehören. Internet-Adressen werden auch außerhalb des Internet immer intensiver zu Werbezwecken eingesetzt, ein Werbeplakat ohne Internetadresse gilt mittlerweile als rückschrittlich. Da spielt es schon eine Rolle, ob die Adresse dem Namen der Firma entspricht oder ob sie aus kryptischen Zeichenketten besteht, die sich niemand merken kann. Vor allem aber läßt sich diese Funktion nicht mit der von Telefonnummern oder gar Postleitzahlen vergleichen. Somit ist die primäre Funktion der Domain-Namen mittlerweile eine namensrechtliche, die Anwendung von § 12 BGB erscheint gerechtfertigt.
Damit ist § 12 BGB bei Verwendung eines Domain-Namens, der einem fremden Namen entspricht, anwendbar. Fraglich bleibt, ob diese Vorschrift auch beim "Domain Grabbing" Anwendung finden kann. Nach Ansicht des LG Frankfurt ist dies der Fall, da das Namensrecht durch jedes Verhalten verletzt werden könne, das dem Namensrecht widerspricht. Dies sei auch gegeben, wenn jemand den Namen eines anderen als Domain eintragen läßt und diesen somit daran hindert, sein Namensrecht auszuüben.[26]

Dieser Ansicht ist zu folgen, auch aus einem anderen Grund: Beim "Domain Grabbing" geht es gerade darum, vom Inhaber des Namens Geld dafür zu bekommen, daß er die seinem Namen entsprechende Domain-Adresse nutzen darf. Selbst wenn man die Registrierung allein noch nicht als Verletzung des Namensrechtes sehen will, spätestens hier müßte man einhaken und die Forderung, für die Benutzung des eigenen Namens Geld zu bezahlen, als Namensrechtsverletzung ansehen.
§ 12 BGB stellt also eine Generallösung für alle Fälle da, in denen einen Unberechtigter den Namen eines anderen als Domain-Namen eintragen läßt. Dieser, der eine Behörde, eine Firma, ein Verein, aber auch einfach eine Privatperson sein kann[27], kann den Benutzer der Domain auf Unterlassung verklagen.

3.1.2. § 37 II HGB

Weinknecht möchte Firmen bei einem Domain-Namen, der ihrem Firmennamen entspricht, neben § 12 BGB auch den Unterlassungsanspruch aus § 37 II HGB gewähren[28]. Dafür wäre es notwendig, daß die Registrierung einer Domain als Gebrauch einer Firma im Sinne des HGB (besser: Gebrauch eines Firmennamens) anzusehen ist, was nach Weinknecht bei einer kommerziellen Website gegeben sein soll. Diese Abgrenzung erscheint fragwürdig. Außerdem kann § 37 II HGB auch aus einem anderen Grund keinen Rechtsschutz gegen Domain-Namen bieten: Er entfaltet immer nur lokale Bedeutung, da er auf den Einzugsbereich des jeweiligen Handelsregisters beschränkt ist. Wenn es daher in Deutschland eine ganze Reihe von Firmen geben kann, die den gleichen Namen tragen, ohne daß über § 37 II HBG dagegen vorgegangen werden könnte, so kann damit erst recht nicht gegen die Benutzung eines Domain-Namens vorgegangen werden, denn diese ist weltweit gültig und damit beileibe nicht auf den Einzugsbereich des Registergerichts beschränkt. Auch aus der Tatsache, daß die Domain auch im Einzugsbereich des Registergerichts aufgerufen werden kann, ergeben sich keine Rechte, denn § 37 II bezieht sich auch nicht auf Firmen, die bei einem Registergericht eingetragen sind, aber im anderen Bezirk Handel treiben, in dem eine gleichnamige Firma besteht.
§ 37 II HGB scheidet damit als Anspruchsgrundlage aus.

3.1.3. §§ 14 II Nr. 2, 15 Markengesetz

Falls der Domain-Name einem eingetragenen oder durch Verkehrsgeltung geschützten Markennamen entspricht, kommt als Schutz dagegen auch der Unterlassungsanspruch aus §§ 14 II Nr. 2, 15 Markengesetz in Betracht. Nach § 15 V Markengesetz kann sich bei Verschulden auch ein Schadenersatzanspruch ergeben. Dies wird von Rechtsprechung und Literatur einhellig angenommen[29]. Demnach kann der Inhaber einer geschützten Marke jeden auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch nehmen, der das gleiche Zeichen im geschäftlichen Verkehr benutzt. Eine Verwechslungsgefahr durch eine gleichnamige Domain wird in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zu Fernschreibkennungen bejaht. Die Benutzung im Geschäftlichen Verkehr wird bei Domain-Namen zumindest dann angenommen, wenn der Benutzer eine Firma ist, denn bei Privatleuten könne nicht von geschäftlichem Verkehr gesprochen werden.[30]

Umstritten ist jedoch, ob die Anwendung der §§ 14 II Nr. 2, 15 MarkenG auf Domain-Namen Unlauterkeit voraussetzen. Bettinger und Kur kommen zu diesem Ergebnis über § 23 MarkenG, indem sie die Domain-Adresse als Anschrift im Sinne des § 23 Nr. 1 MarkenG klassifizieren[31]. Dies ist jedoch aus drei Gründen abzulehnen: Erstens erfolgt die Adressierung im Internet nicht über die Domain-Namen, sondern über die IP-Adresse, die Domain-Namen sind nur Hilfsmittel, um sich die Adressen besser merken zu können. Zweitens sind die Domain-Namen im Internet frei wählbar und nicht wie Anschriften an die geographische Lage gebunden.[32] Drittens sind die Anforderungen von § 23 MarkenG schon aus Gründen der Rechtssicherheit eng auszulegen, da sich sonst niemand auf den Schutz seiner Marke verlassen kann. Mit der "Anschrift" in § 23 MarkenG ist erkennbar die Adresse des Betreffenden gemeint und nicht die eines Computers im Internet.[33] Domain-Namen sind daher nicht als Anschriften anzusehen, womit § 23 Markengesetz nicht anwendbar ist. §§ 14 II Nr. 2, 15 MarkenG sind daher auch in Fällen anwendbar, in denen keine unlautere Verwendung des Markennamens vorliegt, also etwa in Fällen unabsichtlicher Kollision. Allerdings wird in diesen Fällen ein Schadenersatzanspruch aus § 15 V Markengesetz am erforderlichen Verschulden scheitern. Daß beim Antrag auf Eintragung einer Domain nicht sämtliche Markennamen überprüft wurden, wird man nicht bereits als fahrlässig ansehen können.

Fraglich ist ferner, ob es einer Benutzung der Domain bedarf oder ob sogenanntes "Domain Grabbing", die bloße Reservierung einer Domain-Adresse, um sie dem Markeninhaber zu verkaufen oder zu vermieten, ebenfalls unter § 14 II fällt. Dafür könnte die Diskussion relevant sein, ob auch nach der Reform des Markenrechtes an dem alten Erfordernis der zeichenmäßigen Benutzung festzuhalten ist. Ein Teil der Literatur tut dies und beruft sich darauf, daß sowohl Art. 5 Abs. 1 und 2 MarkenRL als auch Art. 9 Abs.1 GemeinschaftsmarkenVO die Benutzung eines Zeichens untersagen. Dagegen lehnt die wohl überwiegende Ansicht dieses Erfordernis mit Hinweis auf den Wortlaut der Norm und die Intention des Gesetzgebers, den Markenschutz offener zu gestalten, ab.[34]

Weinknecht steht auf Seiten der ersten Ansicht. Für ihn setzt der Tatbestand der Benutzung im Geschäftlichen Verkehr zeichenmäßige Benutzung voraus[35]. Das LG Düsseldorf sieht zwar ebenfalls zeichenmäßige Benutzung als erforderlich an, hat jedoch bei "Domain Grabbing" eine vorbeugende Unterlassungsklage ohne weiteres als begründet angesehen, da bei einem Handel mit Adressen mit einer Beeinträchtigung unmittelbar zu rechen sei (etwa wenn ein anderer die Domain erwirbt und benutzt)[36]. Bettinger läßt den Streit offen und hält ebenfalls eine vorbeugende Unterlassungsklage für denkbar[37].

Diese Ansätze bieten aber nur in ganz bestimmten Fällen markenrechtlichen Schutz gegen "Domain Grabbing". Wenn jemand eine Domain zu dem einzigen Zweck registrieren läßt, vom Markeninhaber Lizenzgebühren zu kassieren, liegt keine zeichenmäßige Benutzung vor. Die Gefahr einer unmittelbar bevorstehenden Beeinträchtigung, die dennoch einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch rechtfertigt, wird man nur dann annehmen können, wenn, wie im Fall des LG Düsseldorf, auch an den Verkauf an Dritte gedacht ist.
Bleibt die Frage, ob sich an diesem Ergebnis etwas ändert, wenn man zeichenmäßige Benutzung für nicht erforderlich hält[38]. Denn durch das bloße Registrieren einer Domain liegt noch keine Verwechslungsgefahr vor, die unerläßliche Voraussetzung für die Anwendung der §§ 14 II Nr. 2, 15 Markengesetz ist. Zwar ist der Anwendungsbereich von §14 II Nr. 3 MarkenG weiter und umfaßt auch die unlautere Ausnutzung eines Markennamens, allerdings ist dieses Vorschrift nur auf bekannte Marken anwendbar[39]. Daher bleibt es in den meisten Fällen tatsächlich markenrechtlich zulässig, von einem Markeninhaber für die Ausübung seiner Rechte Geld zu verlangen. Ein vorbeugender Unterlassungsanspruch ist nur bei Gefahr einer Benutzung der Domain durch den Eingetragenen oder einen Dritten gegeben, ein unbefriedigendes Ergebnis.[40]
Allerdings dürfte das Problem des "Domain Grabbing" sich von selbst erledigen, wenn DE-Nic, wie seit dem 1. 2. 1997 Praxis, keine Reservierungen mehr vornimmt und alte Reservierungen nicht mehr verlängert[41].

§§ 14 II Nr. 2, 15 Markengesetz bieten auch Unterlassungsansprüche, wenn durch die Verwendung einer der Marke ähnlichen Bezeichnung eine Verwechslungsgefahr mit dem Markennamen besteht. Nach dem Wortlaut der Vorschriften und der einschlägigen Rechtsprechung dazu müßte man also annehmen, daß auch ein Domain-Name, der sich von einer Marke nur um 1 oder 2 Zeichen unterscheidet, eine Verletzung des Markenrechts darstellt. Eine solche Auslegung würde jedoch mit der Realität im Internet kollidieren. Angesichts der Millionen Computer, die an das Internet angeschlossen sind und nur 24 Zeichen, die in der Adresse stehen können, würde ein Verstoß gegen das Markenrecht schon bei ähnlichen Domain-Namen die Anzahl der verfügbaren Namen so stark einschränken, daß man schon bald an technischen Grenzen angelangt wäre. Daher ist das Markenrecht an dieser Stelle bei Domain-Namen enger auszulegen, als dies in anderen Fällen geschieht.[42]Eine Markenrechtsverletzung ist nur anzunehmen, wenn eine gleichnamige Domain benutzt wird.

§§ 14 II Nr. 2, 15 MarkenG bieten damit Schutz gegen die Nutzung eines Domain-Namens, der einer geschützten Marke entspricht, durch einen Unberechtigten. Sie bieten über § 5 MarkenG auch Schutz für im Geschäftsverkehr gebräuchliche Firmennamen und -zeichen. Daraus ergibt sich nach § 15 IV,V MarkenG nicht nur ein Unterlassungs- sondern bei Verschulden auch ein Schadenersatzanspruch.

3.1.4. § 1 UWG

Aus der Generalklausel aus §1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb lesen einige Autoren Ansprüche gegen Benutzer von Domain-Namen ohne entsprechende Berechtigung. Bettinger möchte diesen Anspruch generell zugestehen, wenn eine Berechtigung fehlt und es sich um eine bekannte Marke oder einen Firmennamen handelt, denn solches Verhalten sei als unlauter einzustufen[43]
Dagegen spricht jedoch die Anforderung, daß es sich um sittenwidriges Handeln handeln muß. An ein solches Verhalten sind engere Voraussetzungen zu knüpfen als bloße die Benutzung einer Domain. Mit Weinknecht ist daher davon auszugehen, daß zur reinen Benutzung noch weitere Umstände hinzutreten müssen. Davon kann etwa beim Abschöpfen von Kunden durch den fremden Domain-Namen, beim Ausnutzen fremder Machtstellungen (Beantragung einer Domain zur kostenpflichtigen Vergabe von Subdomains) oder bei Rufausbeutung (Benutzung eines "großen Namens", um sich selbst einen zu machen) die Rede sein.[44]
Auf das "Domain Grabbing" ist § 1 UWG in den meisten Fällen nicht anwendbar, weil es an einem Wettbewerbsverhältnis fehlt[45]. Allerdings wird man ein Wettbewerbsverhältnis dann annehmen müssen, wenn dem Berechtigten angedroht wird, den Domain-Namen bei Nichtzahlung an Dritte zu verkaufen. Dadurch tritt der "Domain Grabber" in Sachen Verwertung des Domain Namens in Konkurrenz zum Berechtigten.[46]
Somit ist die Generalklausel des § 1 UWG nur in bestimmten Fällen anwendbar, wenn der Benutzer sich mit dem fremden Domain-Namen einen unlauteren Wettbewerbsvorteil verschafft.

3.1.5. §§ 823 I, 826 BGB

Eine generellere Lösung für solche Fälle vorsätzlicher Unfairneß bieten die §§ 823, 826 BGB. Läßt jemand eine Domain-Adresse bewußt registrieren, um dem Inhaber des Namens- oder Markenrecht die Domain vorzuenthalten (etwa um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, aber auch, um Geld zu "erpressen"), so kann dies einen rechtswidrigen Eingriff in die Gewerbliche Tätigkeit, die als "sonstiges Recht" des § 823 I BGB geschützt ist, bedeuten. Findet diese Handlung in der Absicht statt, den anderen bewußt zu schädigen, so wäre außerdem eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung nach § 826 BGB gegeben.[47] Dies wäre eine Lösung der Fälle, in denen Marken- oder Firmennamen als Domains eingetragen werden, um Geld von der Firma zu "erpressen" oder um die Firma schlicht zu ärgern (siehe die Fälle "Mc Donalds" und "MTV" im 2. Kapitel).
§§ 823 I, 826 BGB bieten also einen Schutz gegen bewußte Ausnutzung eines Domain-Namens zum Schaden eines anderen. Daraus ergeben sich Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche.

3.2. Konflikte zwischen Rechtsinhabern

Ein bisher von der deutschen Rechtsprechung noch nicht behandeltes Problem ist die Frage eines Rechtsschutzes, wenn sich der Domainbenutzer seinerseits auf ein Namens- oder Kennzeichenrecht berufen kann.
Im Bereich des Markenrechts erscheint es naheliegend, auf § 23 Markengesetz zurückzugreifen, wonach die Benutzung des eigenen Namens oder der eigenen Adresse keine Markenrechte verletzt, solange sie nicht gegen die guten Sitten verstößt. Bettinger und Kur möchten § 23 Markengesetz generell anwenden, indem sie die Domain-Adresse als Anschrift im Sinne des § 23 Nr. 1 MarkenG klassifizieren[48]. Dies ist jedoch wie oben abzulehnen. § 23 Nr. 1 MarkenG kommt jedoch in Betracht, wenn eine Privatperson einen Namen trägt, der einem Markennamen entspricht. So könnte etwa die Firma Müller Milch einem Herrn Müller nicht verbieten, eine Domain "mueller.de" zu benutzen. Gleiches würde bei einem gleichlautenden Firmen- Vereins- oder Städtenamen gelten.
Im Bereich des allgemeinen Namensrechts ist die Lage klar: § 12 BGB gibt nur Unterlassungsansprüche gegen unbefugte Benutzung eines Namens. Hat der Benutzer der Domain dagegen selbst Rechte an dem Namen, so ergeben sich keine Unterlassungsansprüche. In diesen Fällen gilt also tatsächlich weiter das Prinzip "wer zuerst kommt, mahlt zuerst".

3.3. Benutzung von Gattungsbegriffen als Domain

Zu dieser Problematik hat es bereits erste Gerichtsurteile gegeben, etwa eine einstweilige Verfügung[49](leider ohne Begründung) und eine Entscheidung[50] mit Revisionsurteil[51].

3.3.1. § 8 II Nr. 1,2 Markengesetz

Möglicherweise könnten sich aus der analogen Anwendung von § 8 II Nr. 1,2 MarkenG ein Unterlassungsanspruch von Konkurrenten gegen eine Firma ergeben, die die Berufsbezeichnung oder einen ähnlichen Gattungsbegriff als Domain-Name benutzt. Nach § 8 II Nr. 1,2 MarkenG kann ein Begriff nicht als Marke eingetragen werden, wenn er freihaltebedürftig erscheint, weil ihm jede Unterscheidungskraft fehlt oder weil er als beschreibende Angabe für Waren und Dienstleistungen gebraucht wird.
Nach Ansicht von Weinknecht sind die Voraussetzungen einer Analogie gegeben, da § 8 II MarkenG die Entstehung rechtlicher Monopole an einem Gattungsbegriff verhindern wolle. Durch die Eintragung eines Domain-Namens entstehe ein tatsächliches und indirekt auch ein rechtliches Monopol, da beim Ausweichen auf ähnliche Domains mit einer Klage wegen Verwechslungsgefahr zu rechnen sei.[52]

Auch Kur sieht eine ähnliche Ausgangslage wie bei § 8 II MarkenG, die durch die kanalisierende Wirkung, die generische Domains haben können, noch verstärkt werde[53].
Dagegen lehnt das OLG Frankfurt eine Analogie ab. Zwar entstehe durch die Eintragung ein tatsächliches Monopol, nicht jedoch ein rechtliches, da es ohne weiteres möglich sei, einen anderen Domain-Namen zu wählen, der sich nur unwesentlich unterscheidet. Außerdem setzten § 8 MarkenG und seine Rechtsfolgen eine staatliche Institution wie das Patentamt voraus, die die erforderlichen Prüfungen vornehmen kann.[54]

Bettinger unterstützt diese Ansicht. Die Eintragung einer Domain-Adresse monopolisiere nicht ein Kennzeichen an sich, sondern eben nur die Domain-Adresse selbst. Von daher sei schon die Wirkung einer Eintragung als Domain nicht mit einer Eintragung als Marke nicht zu vergleichen.[55]

Letztere Ansicht vermag zu überzeugen. Zwar ist es richtig und wird von niemand bestritten, daß die Eintragung einer Domain ein tatsächliches Monopol erzeugt, da niemand weltweit mehr die gleiche Adresse benutzen kann. Die Argumentation Weinknechts überzeugt hingegen nicht. Denn die Erfolgsaussichten einer Klage gegen einen ähnlichen Domain-Namen wären doch sehr zweifelhaft. Freihaltebedürftige Bezeichnungen können nicht als Marke eingetragen werden, so daß ein Schutz aus Markenrecht hier nicht in Frage käme. Und eine selbständige Schutzfähigkeit von Domain-Namen wird zwar diskutiert, ist jedoch auf der Grundlage der BGH-Rechtsprechung zu Telegrammkennungen für Gattungsbegriffe generell abzulehnen[56]. Auch erscheint es aufgrund der viel umfassenderen Wirkung der Eintragung einer Marke nicht gerechtfertigt, sie mit der Domain-Eintragung auf eine Stufe zu stellen: Ist eine Marke eingetragen, so entfaltet sie Schutzwirkung gegen jedermann und überall, darunter auch das Internet. Dagegen wirkt sich die Eintragung einer Domain nur auf das Internet aus. Niemand ist deshalb gehindert, die Bezeichnung außerhalb des "Cyberspace" zu benutzen.
§ 8 II Nr. 1,2 MarkenG kommt daher als Schutz gegen die Eintragung generischer Domain-Namen nicht in Betracht.

3.3.2. § 1 UWG

Die Benutzung von Gattungsbegriffen als Domain-Namen könnte jedoch wettbewerbswidrig sein und gegen die Generalklausel des § 1 UWG verstoßen. Dabei wird die Ansicht von Kur, daß es sich dabei entweder um die Verschaffung eines Vorsprungs durch Rechtsbruch oder um eine Wettbewerbsverzerrung durch Kanalisierung handeln muß[57], von allen Autoren und von der Rechtsprechung anerkannt.
Das OLG Frankfurt hat die Anwendung von § 1 UWG abgelehnt. Ein Vorsprung durch Rechtsbruch liege nicht vor, da die Eintragung eines generischen Domain-Namens nicht gegen ein Verbot verstoße. Eine Kanalisierungswirkung könne nicht eindeutig festgestellt werden und sei auch nicht in allen Fällen vorhanden.[58]

Gerade die Begründung im letzten Punkt wird von Weinknecht als schwach angegriffen. Er ist der Ansicht, von einer Kanalisierungswirkung beschreibender Adressen im unübersichtlichen Internet sei auszugehen. Bei Domain-Namen, die nur dazu dienten, der Konkurrenz durch den Branchennamen Kunden abzufangen, sei daher Wettbewerbswidrigkeit per se gegeben.[59]
Die Kritik Weinknechts ist berechtigt. Schon die Tatsache, daß über solche generischen Domain-Namen gestritten wird, zeigt, daß die nicht fernliegende Befürchtung besteht, solche Adressen könnten Benutzerströme leiten. Diese Befürchtung ist berechtigt. Zur gewachsenen Struktur des Internet gehören Domains, die die Richtung des Internetangebotes angeben. Insbesondere im deutschen Forschungsnetz, dem ersten Teilbereich des Internet in Deutschland, war und ist es üblich, daß die Domain etwas über die "Branche" des Anbieters aussagt. So haben alle Universitäten das Kürzel "uni" im Domain-Namen, alle Fachhochschulen "fh". Diese überkommene Struktur prägt natürlich auch in Zeiten das kommerzialisierten Internet manchen Benutzer. Ein weiterer Aspekt, der nicht von der Hand zu weisen ist, ist die Frage, wie leicht man sich einen Domain-Namen merken kann. Die Adresse "www.anwalt.de" wird zweifellos leichter zu merken sein als "www.anwaelte-mueller-schulze-partner.de". Dadurch, daß www.anwalt.de nur einmal vergeben werden kann, sind aber alle anderen Kanzleien im Wettbewerb benachteiligt. Allein dies sollte schon genügen, um einen Verstoß gegen § 1 UWG zu begründen, wenn bewußt in der Absicht gehandelt wird, sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.
Es ist daher nach § 1 UWG als wettbewerbswidrig anzusehen, wenn eine Branchenbezeichnung als Domain-Name benutzt wird.

3.4. Haftung

Läßt ein Unberechtigter einen Domain-Namen eintragen, der einem anderen zusteht, so stehen dem Berechtigten, wie wir gesehen haben, regelmäßig Unterlassungsansprüche zu, in bestimmten Fällen auch Schadenersatzansprüche. Daß dafür der Benutzer / Eingetragene der Domain haftet, ist unbestritten. Bleibt die Frage, ob und wenn ja wie weit auch die Institution, die die Eintragungen vornimmt, für solche Ansprüche haftet.
Nach Ansicht von Weinknecht haftet auch DE-Nic in vollem Umfang neben dem Benutzer der Domain, also auch auf Schadenersatz. Er begründet dies aus der Monopolstellung von DE-Nic und aus der Vergleichbarkeit mit der Eintragung von Markennamen. Daraus ergebe sich eine dem Patentrecht vergleichbare Prüfungspflicht für alle Einträge. Werde diese Pflicht nicht ausreichend wahrgenommen, so hafte DE-Nic für daraus entstandene Schäden.[60 ]
Dagegen geht das LG Mannheim davon aus, daß gerade die Tatsache, daß DE-Nic keine Prüfungen vornimmt, eher gegen eine Verantwortung spricht. Insbesondere aber beruhe die Rechtsverletzung unabhängig vom Handeln des DE-Nic auf dem Verhalten des Domainbenutzers.[61]

Im Ergebnis ist dem LG Mannheim zu folgen. Eine Entscheidung über die Verantwortung von DE-Nic wird man aber nur treffen können, wenn man sich die rechtliche Grundlage der Domainvergabe vergegenwärtigt. DE-Nic ist eine von den deutschen Internet-Providern geschaffene Zentralstelle für die Vergabe von Internet-Adressen. Dabei geht es allein um die Frage eines zentralen Nameservice, der verhindern soll, daß Domain-Namen mehrfach vergeben werden, was zu technischen Problemen führen würde.[62] DE-Nic ist also rechtlich gesehen eine Schlichtungsstelle, auf die sich die deutschen Internet-Provider zu Vermeidung von Namenskonflikten vertraglich geeinigt haben. DE-Nic ist auch nicht dazu gedacht, Namensrechte zu vergeben. Vergeben werden lediglich die technischen Domain-Namen zur Unterscheidung im Internet, aber keine darüber hinausgehenden Rechte.[63] In sofern erscheint die Gleichsetzung mit der Eintragung von Markennamen durch das Patentamt weit hergeholt. DE-Nic ist erstens keine staatliche Stelle und seine Handlungen, das Eintragen der Domains, entfalten auch keine gesetzlich bestimmten Rechtswirkungen, da es Regelungen über den rechtlichen Status der Domain-Namen nicht gibt. Zwar ist es möglich, daß ein eingetragener Domain-Name durch Benutzung in der Werbung und dadurch resultierende allgemeine Bekanntheit Verkehrsgeltung erlangt und dadurch auch außerhalb des Internet markenrechtlichen Schutz erlangt[64], jedoch ginge dieser Schutz dann ebenfalls nicht unmittelbar auf die Eintragung durch DE-Nic zurück. Zweitens ist DE-Nic aufgrund seiner Ausstattung schon rein faktisch nicht in der Lage, eine dem Patentamt vergleichbare Prüfung durchzuführen. Es wäre auch nicht zumutbar, den Providern de lege ferenda die Einrichtung einer entsprechenden Stelle aufzubürden. Vielmehr müßte der Gesetzgeber, wenn er eine solche Prüfung fordern würde, eine entsprechende Behörde einrichten. Es spricht jedoch wenig dafür, dies zu tun, denn eine monatelange Prüfprozedur für jeden Domain-Namen wäre ein innovationsvernichtender Hemmschuh für das Internet. Drittens, insofern ist dem LG Mannheim beizupflichten, gehen die Beeinträchtigungen der Rechte eines Dritten nicht von der Eintragung, sondern von der Benutzung oder Blockierung der Adresse durch den Eingetragenen aus. Solange DE-Nic einer Bereinigung von Konflikten nicht im Wege steht, spricht nichts für eine unmittelbare Inanspruchnahme von DE-Nic.
Somit ist eine Haftung von DE-Nic für Rechtsverletzungen durch Domain-Namen abzulehnen.


[18] LG Mannheim, http://www.inet.de/denic/hd.html (heidelberg.de)
[19] LG Mannheim, http://www.inet.de/denic/hd.html (heidelberg.de)
[20] LG Frankfurt, http://www.inet.de/denic/das.html (das.de)
[21] Detlev Gabel, "Internet: Die Domain Namen", NJW-CoR 1996, S. 324
[22] Annette Kur, "Internet Domain Names", CR 1996, S. 327
[23] Annette Kur, "Namens- und Kennzeichenschutz im Cyberspace", CR 1996, S. 591
[24] So das LG Köln in ständiger Rechtsprechung: http://www.inet.de/denic/huerth.html (huerth.de); http://www.inet.de/denic/kerpen.html (kerpen.de); http://www.inet.de/denic/pulheim.html (pulheim.de)
[25] LG Braunschweig, http://www.inet.de/denic/bs.html (braunschweig.de); LG Lüneburg, http://www.inet.de/denic/celle.html (celle.de);
[26] LG Frankfurt, http://www.inet.de/denic/das.html (das.de)
[27] die Anwendbarkeit auf juristische Personen ist unbestritten, siehe MK-Schwerdtner, § 12 RN 21 ff
[28] Jürgen Weinknecht, "Schutz von Domaines - Recht des Firmennamens", http://www.weinknecht.de/dom_firm.htm
[29] Annette Kur, "Internet Domain names", CR 1996, S. 327; Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html; LG Düsseldorf, http://www.inet.de/denic/epson.html (epson.de); LG Köln, http://www.weinknecht.de/netlaw.htm#LGKoeln (toyota.de)
[30] Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html;
[31] TTorsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html B I 1 b); Annette Kur, "Internet Domain names", CR 1996, S. 328
[32] ebenso: LG Düsseldorf, http://www.inet.de/denic/epson.html (epson.de)
[33] Holger Stratmann, "Internet Domain Names oder der Schutz von Namen, Firmenbezeichnungen und Marken gegen die Benutzung durch Dritte im Internet", BB 1997, S. 692
[34] siehe Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html; mit weiteren Nachweisen
[35] Jürgen Weinknecht, "Schutz von Domaines & Markenrecht", http://www.weinknecht.de/dom_mark.htm
[36] LG Düsseldorf, http://www.inet.de/denic/epson.html (epson.de)
[37] Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html; Fußnote 74
[38] so etwa Annette Kur, "Namens- und Kennzeichenschutz im Cyberspace", CR 1996, S. 592
[39] Annette Kur, "Namens- und Kennzeichenschutz im Cyberspace", CR 1996, S. 593
[40] ebenso Annette Kur, "Namens- und Kennzeichenschutz im Cyberspace", CR 1996, S. 593
[41] Beschluß des IV DENIC, http://www.nic.de/beschluss.html
[42] Ebenso: Annette Kur, "Namens- und Kennzeichenschutz im Cyberspace", CR 1996, S. 593; Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html; B I 5
[43] Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html;
[44] Jürgen Weinknecht, "Schutz von Domaines - Unlauterer Wettbewerb", http://www.weinknecht.de/dom_uwg.htm
[45] Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html;
[46] ebenso: LG Düsseldorf, http://www.inet.de/denic/epson.html (epson.de)
[47] ebenso: Gräfe, Markenartikel 1996, S. 100; Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html B I 4
[48] Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html B I 1 b), siehe oben.
[49] LG Köln, http://www.inet.de/denic/karriere.html (karriere.de)
[50] LG Frankfurt, Az. 2/6 O 624/96
[51] OLG Frankfurt, http://www.weinknecht.de/olgffm.htm (wirtschaft-online.de)
[52] Jürgen Weinknecht, Anmerkung zur Entscheidung des OLG Frankfurt, http://www.weinknecht.de/olgffm.htm
[53] Annette Kur, "Internet Domain names", CR 1996, S. 328f
[54] OLG Frankfurt, http://www.weinknecht.de/olgffm.htm"> (wirtschaft-online.de)
[55] Torsten Bettinger, Anmerkung zur Entscheidung des OLG Frankfurt, http://www.inet.de/denic/anmerk.html
[56] Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html B IV
[57] Annette Kur, "Internet Domain names", CR 1996, S. 330
[58] OLG Frankfurt, http://www.weinknecht.de/olgffm.htm (wirtschaft-online.de)
[59] Jürgen Weinknecht, Anmerkung zur Entscheidung des OLG Frankfurt, http://www.weinknecht.de/olgffm.htm
[60] Jürgen Weinknecht, "Konsequenzen für DE-NIC", http://www.weinknecht.de/domain.htm
[61] LG Mannheim, http://www.inet.de/denic/hd.html (heidelberg.de)
[62] vgl. DE-Nic Kurzinfo, http://www.nic.de/faq.html
[63] vgl. die Stellungnahme zu Namensrechten bei DE-Domainnamen, http://www.inet.de/denic/rechte.html
[64] vgl. Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html B IV


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