6. Ausblick
Es ist sicher deutlich geworden, daß in den Domain-Namen ein
unabsehbares Konfliktpotential steckt. Dies liegt sicher auch daran, daß
die Struktur des Internet immer noch weitgehend die eines Militär- und
Forschungsnetzes ist. Vor allem aus Gründen der Kompatibilität ist es
bis heute zu keiner entscheidenden Reform des Domain Name Systems gekommen. So
bleiben Ungereimtheiten bestehen wie die, daß das Netz teilweise nach
Ländern aufgeteilt ist, teilweise nicht, daß in manchen Ländern
festgelegte Subdomain-Strukturen bestehen, in anderen nicht usw. Daß
jeder fast immer den Domain-Namen benutzen kann, den er will, mag ein
Stück der vielbeschworenen Freiheit im Internet sein, zur
Konfliktlösung trägt es nicht gerade bei.
An Reformvorschlägen, die das Konfliktpotential mindern sollen, mangelt es
nicht[78]. Der Ruf nach dem Staat ist dabei unüberhörbar, einige Autoren
verlangen nach der Registrierung von Domain-Namen durch staatliche Stellen und
nach offiziellen Prüfverfahren, andere begnügen sich mit einer Reform
des Namenssystem
Ich möchte hier in einigen Thesen darstellen, wie das Domain Name System
in meine Augen reformiert werden sollte, um das Konfliktpotential zu
minimieren.
- Die Toplevel-Domains sollten ausschließlich aus
Länderkürzeln bestehen, die nur innerhalb der entsprechenden
Länder vergeben werden. Dies würde nicht nur die
Benutzerfreundlichkeit erhöhen (jeder wüßte, in welches Land er
gerade "gesurft" ist), es würde auch die Zahl der Namenskonflikte
verringern, weil sich nur noch innerhalb eines Landes Kollisionen ergeben
können. Diese wären dann nach einer Rechtsordnung lösbar.
- Innerhalb der Länderdomains sollten Secondlevel-Domains eingerichtet
werden die das Tätigkeitsfeld des Anbieters beschreiben (z.B. anwalt.de).
Die Anbieter sollten dann ausschließlich Domains in "ihrer"
Secondlevel-Domain bekommen. Dies würde nicht nur die Wettbewerbsvorteile
der Anbieter, die solche generischen Domain-Namen heute registriert haben,
beseitigen, es würde gleichzeitig das Internet wesentlich
übersichtlicher machen. Dazu wäre es sinnvoll, jeweils auf
www.secondleveldomain.de eine Liste der Anbieter aufzulegen.
- Das Registrieren von Domain-Namen sollte bezahlbar bleiben. Es gilt zu
verhindern, daß Monopolisten sich bei den Registrierungen eine goldene
Nase verdienen. Denkbare Modelle für die Verhinderung einer solchen
Kostenexplosion wären viele Registrierstellen, die Zugriff auf eine
zentrale Datenbank haben (kein Monopol), eine staatlich festgelegte
Gebührenordnung oder eine staatliche Registrierstelle. Ersteres verdient
angesichts knapper öffentlicher Kassen den Vorzug.
- Die Forderung nach einer dem Patentamt vergleichbaren Prüfung
entgegenstehender Markenrechte bei der Eintragung von Domain-Namen ist
abzulehnen. Denn erstens wäre dies entweder nur bei einer staatlichen
Registrierstelle durchführbar oder würde, auf privater Basis, die
Kosten in astronomische Höhen treiben und zweitens würde dies die
Wartezeiten bei der Anmeldung so stark verlängern, daß die
Innovation im Internet regelrecht blockiert würde.
- Über die internationale Rechtslage bei Konflikten um Domain-Namen
sollte es ein internationales Abkommen geben. Sowohl die Unsicherheit,
Kennzeichenrechte eines fremden Landes zu verletzen, der ein Domainbenutzer
heute ausgesetzt ist, als auch die Streitigkeiten um die Vergabe
internationaler Domains verlangen nach einer solchen für alle
verbindlichen Lösung.
Mischa Dippelhofer
[78]
u. a. Annette Kur, "Internet Domain names", CR 1996, S. 329; Torsten Bettinger, "Kennzeichenrecht im Cyberspace: Der Kampf um die Domain-Namen", http://www.nic.de/rechte/bettinger.html B V; Jonathan Agmon, Stacey Halpern, David Pauker: Criteria for a Solution, http://www.law.georgetown.edu/lc/internic/prob1.html#criteria; Macroroberts: Proposal for a Cybermark, http://www.macroberts.co.uk/cybermrk.htm